Beim Thermomix-Hersteller Vorwerk könnte es besser laufen. Im vergangenen Jahr sind die Umsätze um rund sieben Prozent eingebrochen, vor allem die 1.200 Euro teure Küchenmaschine hat sich seltener verkauft als in den Jahren zuvor. Nun soll es ein neues Produkt richten: Temial. Mitte Mai präsentierte der Wuppertaler Konzern seine vollautomatische Teemaschine, die vier Monate später auf den Markt gekommen ist.

Das Gerät erkennt am QR-Code auf der Teeverpackung, welche Sorte der Nutzer trinken möchte, gießt das Heißgetränk in der optimalen Temperatur auf und lässt den Tee entsprechend lange ziehen. Natürlich gibt es dazu auch eine App.

 

Doch was rechtfertigt diesen Preis für eine Teemaschine? Temial-CEO Björn Rentzsch kennt diese Frage bereits und antwortet auch im Gespräch mit NGIN Food und Gründerszene so routiniert wie man es von Vorwerk-Vertretern gewohnt ist. Er begründet den Preis nicht nur mit der Technik dahinter, sondern auch mit der Marke: „In Vertriebstests haben die Kunden den Preis entweder bestätigt oder teilweise sogar einen deutlich höheren Preis vermutet.“ Wie hoch die Herstellungskosten sind, verrät Rentzsch nicht. Auch Angaben über die Zahl der Vorbestellungen will er nicht machen. Nur: Vorwerk sei zufrieden und habe direkt am ersten Tag Bestellungen erhalten. 

Björn Rentzsch arbeitet seit 14 Jahren für Vorwerk. 2016 hat er Temial mit Sascha Groom als eigene Unit in dem Thermomix-Unternehmen aufgebaut, die Teemaschine ist sein Projekt, seine Gründung innerhalb des Unternehmens. Durch die Bekanntheit der Marke Vorwerk habe Temial in den Medien auch vor dem offiziellen Verkaufsstart schon viel Aufmerksamkeit bekommen, so der CEO. „Wir waren zu Beginn positiv überrascht, dass wir mit einem neuen Teegerät von Vorwerk diese große Aufmerksamkeit erhalten haben. Das kennt man nur von Tesla oder dem neuen iPhone.“

Überrascht waren auch die Verbraucher. Im Fokus der Medienberichte stand nämlich immer der Preis. Temial kostet etwa 600 Euro, ein Zehnerpack loser Tee zwischen sechs und 12 Euro. Lidl beispielsweise amüsierte sich in einem Facebook-Beitrag über das digitale Küchengerät und stellte seinen eigenen Teekocher für rund 15 Euro gegenüber. Knapp 10.000 Reaktionen bekam der Post.

Aus Rentzschs Sicht ist der Preis auch deshalb gerechtfertigt, weil das Produkt einzigartig auf dem Markt sei. Mit dem neuen Produkt will das Wuppertaler Unternehmen vor allem in das Teeland China vordringen und somit einen neuen Absatzmarkt in Fernost schaffen.

Viel Bohei um ein Teegerät

Temial macht den Gerätehersteller erstmals auch zum Lebensmittelhändler. Denn Vorwerk bietet seinen Kunden zusätzlich zur Maschine verschiedene Sorten Tee an, die kompatibel mit der Technik sind. Der Verkauf der Temial-Produkte läuft zwar auch online, der Direktvertrieb und die klassische Vorwerk-Verkaufsparty sollen trotzdem im Vordergrund stehen. Rentzsch hebt im Gespräch mehrfach hervor, wie wichtig das persönliche Erlebnis mit dem Gerät sei, und dass dieses Erlebnis auch im Marketing kommuniziert werden müsse.

[gspoll src=“https://interactive-readerui.la.welt.de/?id=48c83a4e-62f8-97ff-1f1a-2cb1198a5b53&interactionType=opinion“ mode=thumbs] [/gspoll]


Temial sollte noch im Spätsommer 2018 ausgeliefert werden. Seit Anfang September verschickt Vorwerk die Teegeräte aus den Vorbestellungen. Kunden, die das Produkt jetzt kaufen, müssen daher laut Webseite mit einer Lieferzeit von bis zu drei Wochen warten.

Kein Vergleich zum Pleite-Startup Teforia

Dass das US-Startup Teforia trotz Millionenfunding mit einer ähnlichen Technik gescheitert ist, interessiert das Wuppertaler Unternehmen nicht. Die Zielgruppe sei zu elitär gewesen, der Preis zu hoch und ohnehin habe das Startup Kapseln und keinen losen Tee angeboten. Temial und Teforia ließen sich nicht vergleichen, meint Rentzsch. 

Der Unternehmer ist dennoch stolz auf den Startup-Spirit seiner Vorwerk-Unit. Temial sitzt in einem alten Fabrikgebäude nahe des Vorwerk-Haupsitzes, wo Krawatten fehl am Platz und die Strukturen lockerer seien. Den Businessplan und den Pitch habe der 38-Jährige so aufgesetzt, als würde Temial wie ein externes Unternehmen um einen Investor buhlen, erzählt er. Aber: „Wir bezeichnen uns nicht gerne als Startup, weil wir als interne Gründung einige
andere Ausprägungen haben, zum Beispiel sind wir nicht Exit-orientiert.“

Der CEO hätte Temial auch ausgründen können, ein interner Ausbau in einem Familienunternehmen wie Vorwerk habe für Rentzsch aber vor allem einen Vorteil: kein unternehmerisches Risiko. Wenn die digitale Teemaschine bei den Kunden nicht gut ankommt, mache er einfach mit einem anderen Projekt weiter, sagt er.

Bild: Vorwerk, Video: Thorsten Mumme / Gründerszene