Die Grünkohl-Ernte hat im November begonnen
Die Grünkohl-Ernte hat im November begonnen

Es scheint zwar, als sei Kale der neue Trend aus den USA, der nun auch bei uns langsam ankommt. Aber eigentlich ist das Gegenteil der Fall: In Deutschland wurde Grünkohl schon im 16. Jahrhundert gegessen. Weil die Saison des Kohls genau in die kältesten Monate des Jahres fällt, verarbeitete man ihn damals zu einem warmen Eintopf.

Auch heute noch mögen viele Deutsche ihren Grünkohl deftig mit Kartoffeln und Wurst. In Amerika und Großbritannien ist man hingegen experimentierfreudiger: „Ich weiß, roher Grünkohl klingt furchtbar, aber vertraut mir, er kann großartig sein“, schrieb die britische Food-Bloggerin Ella Woodward – auch bekannt als Deliciously Ella – schon 2014. Seitdem propagieren sie und zahlreiche andere Blogger auf der ganzen Welt die gesundheitlichen Vorteile von Grünkohl. In Deutschland scheinen die meisten aber immer noch überrascht, dass das dunkelgrüne Gemüse nicht nur mit Wurst schmeckt, sondern auch Superfood-Qualitäten hat.

Grünkohl enthält das Provitamin A, Vitamin C, Folsäure, Kalium, Kalzium und Magnesium. 100 Gramm des Blattgemüses haben 31 Kalorien, vier Gramm Protein, weniger als ein Gramm Fett und decken etwa acht Prozent des Tagesbedarfs an Ballaststoffen. Grünkohl soll entgiftend und entzündungshemmend sein und sogar Krebs vorbeugen, wie Forscher voriges Jahr herausfanden. Trotzdem ist kein signifikanter Anstieg des Grünkohl-Anbaus zu erkennen: 2016 wurden hierzulande 18.000 Tonnen Grünkohl geerntet, das ist etwa so viel wie auch schon vor zehn Jahren. 

Im Internet ist Kale nicht gleich Grünkohl

Das im Trend liegende und auf Woodwards Blog gehypte Superfood heißt eben nicht Grünkohl, sondern Kale – also Grünkohl auf Englisch. Obwohl dasselbe Gemüse dahinter steckt, gibt es offensichtlich einen Unterschied zwischen Kale und Grünkohl: Sucht man im Internet nach dem Stichwort Kale, erscheinen Bilder von Salatvariationen. Sucht man nach Grünkohl, erscheinen Fotos von grünem Brei neben roter Wurst. Der Hashtag #Kale wurde auf Instagram fast drei Millionen Mal benutzt, beliebteste Bilder: vegane Grünkohl-Wraps und Avocado-Grünkohl-Toasts. Die beliebtesten Bilder unter dem Hashtag #Grünkohl zeigen Mettwurst – ganze 18.000 Mal. 

Zwar ist Grünkohl auch gekocht noch gesund – allerdings soll der Vitamingehalt sinken, außerdem sorgen Wurst oder Speck für einen hohen Fettgehalt.  Liebhaber des norddeutschen Grünkohl-Eintopfes dürfte es bei der Vorstellung, die krausen Kohlblätter roh zu verzehren, kalt den Rücken herunterlaufen. Zahlreiche Startups versuchen daher, den Kohl so zu verarbeiten, dass jeder in die Vorzüge der im Grünkohl enthaltenen Nährstoffe kommen kann, ohne dabei das Gefühl zu haben, rohe Blätter zu essen.

  • Grünkohl-Smoothies: Fruchtshake-Startups gibt es viele, True Fruits oder Innocent sind schon zu großen Playern am Markt geworden. Das Startup Wholey bietet einen Grünkohl-Smoothie zum Selbermixen an, Kostenpunkt: rund sechs Euro pro Getränk.
  • Grünkohl-Chips: Im Ofen getrocknete und mit Gewürzen aufgepeppte Grünkohlblätter sollen ein alternativer TV-Snack sein. Das Startup Heimatgut bietet 35 Gramm Kohl-Chips für 3,20 Euro an. Im Test fallen die meisten Marken aber wegen ihres hohen Fettgehalts durch. 
  • Grünkohl-Kapseln: Das Startup Lüttge trocknet Grünkohlblätter, mahlt sie anschließend zu Pulver und formt dieses zu kleinen Kapseln. Die 200-Stück-Dose kostet 49,90 Euro – das soll reichen, um sich 50 Tage lang mit Vitaminen zu versorgen. Das DHDL-Startup Veluvia macht dasselbe, fügt aber noch weitere Zutaten hinzu. Hier kostet die Monatsration 39,99 Euro.
  • Grünkohl-Saft: Kale&Me heißt das Startup, das eine Saft-Diät verkauft: Über mehrere Tage trinkt man nichts anderes als gepresstes Obst und Gemüse, sechs Flaschen Saft sollte man täglich verzehren. Als Abendessen sieht die Diät Grünkohl-Drinks vor.

Neben dem Vitamin- und Nährstoffgehalt hat Grünkohl den Vorteil, ein regionales Gemüse zu sein. Während andere Superfoods, etwa Avocados oder Pandan, importiert werden müssen, wächst der Kohl vor unserer Haustür. Das allerdings nur von November bis März – in der Zwischenzeit kann man aber problemlos auf Tiefkühlware zurückgreifen, laut dem Bundeszentrum für Ernährung beinhaltet auch er alle wichtigen Inhaltsstoffe.

Bild: Getty Images / Boston Globe / Contributor